hr-iNFO Büchercheck: An den Rändern der Welt von Oliver Adam

hr-iNFO Büchercheck: An den Rändern der Welt von Oliver Adam

12.06.2015

Der Autor ist Anfang vierzig und hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Einer davon wurde verfilmt. In seinem neuesten Werk „An den Rändern der Welt“ setzt sich Olivier Adam unter anderem mit der französischen Gesellschaft in unserem Jahrzehnt auseinander. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
2011 starrte die Welt auf Japan: die Flutwelle, der Gau in der Atomanlage von Fukushima. Auch Paul, der Ich-Erzähler, steckt in einer Katastrophe. Seine Frau hat sich von ihm getrennt, seine Kinder sieht er nur noch zeitweise. In seinem Beruf als Schriftsteller hat er schon länger nichts mehr geschaffen. Paul fühlt sich verloren. Seine Bilanz ist ernüchternd und hoffnungslos. Woher kommt diese Verlorenheit?
Sein alter Vater braucht ihn, denn die Mutter liegt nach einem Sturz im Krankenhaus. Paul fährt von seinem Wohnort an der bretonischen Küste, wo er erfolglos so etwas wie Heimat suchte, in die Banlieue von Paris, wo er selbst aufgewachsen ist und seine Eltern immer noch leben. Die Stimmung in den Vororten ist deprimierend, ein mühsames und freudloses Überleben an der Peripherie der großen Stadt. Der Nährboden für den Aufstieg der Rechtspopulisten und Rechtsextremen.

Wie ist es geschrieben?
Paul bespiegelt sein Seelenleben und beobachtet seine Außenwelt. Es sind die nüchternen Fakten und die tiefen Gefühle, die in diesem Roman die Stimmung erzeugen.
Ich bin ein Mensch der Peripherie. Und ich habe das Gefühl, dass das die Ursache von allem ist. Die Ränder haben mich begründet. Ich kann mich nirgendwo zugehörig fühlen. Auch nicht der Welt. Ich lebe auf dem Rand. Anwesend, abwesend. Drinnen, draußen. Ich kann nie das Zentrum erreichen. Ich weiß nicht einmal, wo es sich befindet und ob es wirklich existiert. Die Peripherie hat mich begründet. Aber ich fühle mich dort nicht mehr zu Hause. Ich fühle mich nirgendwo zugehörig. Das gilt auch für meine Familie.
Paul findet bei seinen Eltern das Foto eines Babys. Die demente Mutter verrät es. Es ist der drei Tage nach der Geburt gestorbene Zwillingsbruder Pauls. Für Paul klärt sich manches. Jetzt kann er aktiv werden.

Wie gefällt es?
Eine unprätentiöse Sprache, eine aufwühlende Geschichte, eine Analyse der französischen Gesellschaft und ein Schicksal zum mitfühlen. Ein Buch für Leser mit Interesse an Frankreich, weniger für Leser, die sich nicht mit den Depressionen anderer beschäftigen möchten.

 

hr-iNFO

 

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gebundenes Buch, 424 S.
Sprache: Deutsch
Klett-Cotta Verlag
ISBN: 9783608980042